Dienstag, 21. September 2010

Abschied

Liebe Uli-Blog-Freunde,


Uli ist am Samstag Abend (18. September 2010) friedlich neben mir eingeschlafen. Es war ihr größter Wunsch, uns allen nur Liebe, Mut, Freude und Hoffnung zu geben. Die wichtigste Nachricht an uns alle ist die, daß die wirklich wichtigen Dinge keinen Aufschub bedürfen. Formulierungen wie, das machen wir später, geben dem Leben keinen Sinn ! Aufgeschoben ist aufgehoben !


Liedtext: Der Weg

Ich kann nicht mehr sehn, trau nicht mehr meinen Augen,
kann kaum noch glauben – Gefühle haben sich gedreht.
Ich bin viel zu träge um aufzugeben.
Es wär auch zu früh, weil immer was geht.
Wir waren verschwor’n, wärn füreinander gestorben,
hab’n den Regen gebogen, uns Vertrauen geliehn.
Wir haben versucht, auf der Schussfahrt zu wenden.
Nichts war zu spät, aber vieles zu früh.
Wir haben uns geschoben durch alle Gezeiten,
haben uns verzettelt, uns verzweifelt geliebt.
Wir haben die Wahrheit so gut es ging verlogen.
Es war ein Stück vom Himmel, dass es dich gibt.
Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet,
hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt.
Nordisch nobel – deine sanftmütige Güte,
dein unbändiger Stolz …. Das Leben ist nicht fair.
Den Film getanzt in einem silbernen Raum.
Vom goldnen Balkon die Unendlichkeit bestaunt.
Heillos versunken, trunken, und alles war erlaubt.
Zusammen im Zeitraffer. Mittsommernachtstraum.
Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet,
hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt.
Nordisch nobel – deine sanftmütige Güte,
dein unbändiger Stolz …. Das Leben ist nicht fair.
Dein sicherer Gang, deine wahren Gedichte,
deine heitere Würde, dein unerschütterliches Geschick.
Du hast der Fügung deine Stirn geboten.
Hast ihn nie verraten deinen Plan vom Glück,
deinen Plan vom Glück.
Ich gehe nicht weg, hab meine Frist verlängert.
Neue Zeitreise, offene Welt.
Habe dich sicher in meiner Seele.
Ich trag dich bei mir, bis der Vorhang fällt.
Ich trag dich bei mir, bis der Vorhang fällt …
(Herbert Grönemeier)

Hallo Schönste,
Dein Blog ist einfach klasse. Was hab ich manchmal gelacht..;-). Ich danke Dir für die wunderschönsten Jahre in meinem Leben. 

Liebe
Thorsten

Dienstag, 14. September 2010

Montag...

Ihr Lieben, ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll...
Das Wochenende war so lala...ich nenne es mal "geprägt" von dicken Beinen und schrecklichen Schluckbewerden. Ach ja, ich blute aus allen Nasen und Poren. Nicht gut!
Gestern musste ich dann wg eines Termins in der Onkopraxis anrufen und habe die Schluckbeschwerden erwähnt. "Sie kommen sofort her!" Warum? "Sie wollen doch nicht verbluten." Oh Mist. Meine liebe Schwester hat mich dann auch sofort abgeholt und in die Klinik gefahren. Und jetzt festhalten, meine Blutwertverändernung seit letztem Donnerstag.

Leukozyten: 5800 runter auf 450
Hämoglobin: 10,1 auf 5,3
Thrombozyten: 158000 auf 1000

Oh nein, oh nein, oh nein....

Dann habe ich traurig und panisch von meinem Trauzeugenjob heute erzählt, ich sah alles den Rhein runter schwimmen. "Ach, das kriegen wir hin!!" Ich liebe meine Onkologin. Wohlgemerkt wird man in so manchem Krankenhaus mit solchen Blutwerten mit Mundschutz erst mal kalt gestellt.

Ich bekomme also einen umfangreichen Medikamenten-Plan:

Antibiotika zum Infektionsschutz.
Eine dicke Portion Cortsion für das Abschwellen der Gelenke und der Blutgefäße an der Luft/Speiseröhre.
Einen Katalysator für die Herstellung von Leukozyten im Knochenmark.

Dann wird sofort Kreuzblut entnommen und auf die Suche nach den richtigen Blutkonserven gegangen. Das scheint in Deutschland gar nicht so einfach zu sein. Es gibt wirklich ein quantitatives Problem, was Blutkonserven angeht, vor allem spezielle Thrombozyten, zum Beispiel. Aber in Duisburg wird man fündig, so dass ich am frühen Abend schon vor meinen Tartarbrötchen sitze. Leider läuft es schlecht, so dass mehrere Venen angestochen werden müssen.
Als es dann endlich durch war, wird alles abgestöpselt und mit den üblichen Pflastern versehen. Ich stehe auf...und merke es viel und warm den Arm runterlaufen. Ahhh...die Thrombozyten wirken noch nicht, aus dem Loch in der Vene strömt das Blut auf Boden und Klamotten. Und ich kriege mal eben einen Flash..."Ahh, mein Blut" und gehe fein zu Boden und suhle mich in dem kostbaren Nass. Sauber, sauber...muss ich mich wischen lassen.

Sauber, sauber...sitze ich nun hier. Viel geschlafen habe ich aufgrund der hohen Cortisondosis leider nicht. Wie es mir geht? Tja..die Knöchel sind noch nicht wirklich dünn, die Schluckbeschwerden aber besser. Die Leukozyten-Spritze macht immer etwas Fieber, das kenne ich schon früher her. Aber ich denke, Ich werde meine Unterschrift unter JoJos Hocheitsdokument setzen können und von einem Stuhl zum nächsten robben.

Aber hey, was macht das Wetter...das haben wir aber anders bestellt? Oder?

Und, Hausfrauentip Blut: viel kaltes Wasser.

Sonntag, 12. September 2010

Von der Leber sprechen...schreiben...die Seele...

..verwenden wir es nicht alle mal?... etwas frei von der Leber sagen, fragen...etc.
Beispiele:

Man erlaube mir mal frei von der Leber eine Frage...
Hier kann nach Herzenslust über jedes Thema  "frei von der Leber weg" - diskutiert werden.


Im Netz habe ich nicht viel dazu gefunden. Viele assoziieren damit.."frei von der Seele weg"...ohne Umschweife, Konventionen, Rücksichten..

Ist die Leber der Sitz unsere Seele? Sie hält uns frei von Giften, reguliert unsere Temperatur, ist schmerzunempfindlich... aber kann versagen, ihren Dienst quittieren, wie jedes andere Organ.

Quittiert die Seele auch ihren Dienst? Hat sie eines Tages keinen Bock mehr auf telefonbuchdicke Zweifel, unausgesprochene Konflikte, Ängste.
Die Seele bedarf Pflege (genau wie die Leber natürlich). Es gibt hässliche und wunderschöne Seelen. Wir müssen unsere Seele befreien und frei halten vom Dreck und Druck des Alltags. Wir müssen uns die dunklen Flecken von der Seele/Leber reden. (Nicht mit einem Bier herunterspülen.) Ich möchte eine schöne Seele haben. Eine aufgeräumte, blitzblanke, nichts unter dem Teppich, keine Spinnweben mit uralten Geschichten darin. Sondern angefüllt mit Freunden, Erinnerungen, viel Nächstenliebe, ein wenig Stolz, viel Dankbarkeit.
Wie kriege ich das hin? Ehrlichkeit zu mir und zu anderen. Frei von der Seele weg "leben". Pläne verwirklichen und trotz allem immer weiter ich selber sein.
Und wenn sie dann doch eines Tages keinen Bock mehr hat, werde ich sie bei mir behalten, nicht loslassen und hinübertragen, wo immer das auch sein mag. Einen Platz für eine schöne Seele gibt es sicher überall, oder?

Freitag, 10. September 2010

Lichtblicke?

Seit 18 Stunden trage ich nun die 24 h Infusion mit 5-FU und scheine es zumindest zu vertragen. Da Autofahren nicht mehr geht, hat meine Schwester mich gestern hingefahren und wird auch heute wieder die Pumpe mit mir zurückbringen.
Gestern musste ich dann der Onkologin einige nicht so gute Dinge fragen: Ich habe dicke Beine und Knöchel (kommt wohl von Leberfunktionstörung), ausserdem ergibt jeder Schubs einen fetten blauen Fleck (meine Blutwerte sind wieder im Argen).
Was die Wirkung de Caelyx von letzter Woche anbelangt, meint sie, dass das Wirkmaximum bei 10-12 Tagen liegt, ich muss also Geduld haben. Zusammen mit dem 5-FU sollte es aber deutliche Verbesserungen geben...ihr Wort in Gottes Ohr.
Und ganz besonders: Diese Nacht habe ich nicht geschwitzt, keinen Tropfen!! Vielleicht wirkt das 5-FU so direkt?? Ich hoffe es so sehr! Ein wenig mehr Schlaf wäre so schön!!

Lichtblicke?
Ein Blick ins Licht.
Ein kurzes Blitzen, ein Schimmer Hoffnung.
Ich glaube.
Ich hoffe.
Ich bin fest überzeugt!
Es muss einfach!

Mittwoch, 8. September 2010

Schon Mittwoch...heute hat Schmerz-Medi-mäßig mal wieder gar nichts geklappt. Gestern so, heute anders. Und das, wenn ich mir natürlich vorgenommen hatte, ein paar Stunden zu malen. Nix da. Die normalen Mengen nehme ich streng um halb sieben, aber um fünf Uhr morgens ging ich ich schon die Decke hoch. Warum? Dann...keine Wirkung. Gegen neun habe ich dann die Notfall-Morphium genommen und eine gute halbe Stunde mit einer Freundin telefoniert. Danach ging es besser, wenn auch mein Kreislauf in Scherben auf dem Boden lag. Um elf dann ist ein guter Freund gekommen und hat mich inclusive Mittagessen bis um drei von allem Mist abgelenkt. Dann war ich eben um vier bei der Massage, musste mich aber dermaßen dort hin schleppen, dass ich dachte, gleich spricht mich einer an und ruft den Krankenwagen. Nun liegt mein Kreislauf auf dem Sofa und könnte sekündlich einschlafen. Und ich sage mir, das wird ja so nicht besser. Es gibt gerade keinen normalen Mittelweg, weil immer etwas ist. Ausserdem glaube ich, mittlerweile auch Beschwerden direkt wegen der Leber zu haben, Druck im Oberbauch, leichte Übelkeit nach dem Essen, komisch halt. Soweit sollte es doch eigentlich gar nicht kommen, das Caelyx muss doch anschlagen. Also liegt die Hoffnung im 5-FU, das darf ich mir morgen einverleiben. Ach, und das Caelyx schickt auch nette Nebenwirkungen, meine Fussknöchel sind ganz warm und geschwollen. Bitte kein Fuss-Syndrom, das hatte ich schon mal, das brauche ich nicht noch mal..!!
Auf jeden Fall hatte ich heute wieder nette Post, ganz lieben Dank. Lichtblicke...
Also, wieder keinen Pinselstrich getan, auch meine sonstige to-do-Liste ist zu lang. Ich muss mich unbedingt um Testament und Patientenverfügung, um Bildunterschriften für die Ausstellung, um das New York Fotobuch und und und kümmern. Aber es will nicht...es will nicht gehen. Nur Striche durch die Pläne-Rechnung. Scheiss-Krebs-Arschloch.

Dienstag, 7. September 2010

Dienstag-warum regnet das eigentlich?

Der Montag war sehr emotional und auch anstrengend. Uns, der Familie, fehlen die Worte. Was ist zu tun, was zu sagen? Ich, ich persönlich muss weiterkämpfen, meine Termine wahr nehmen, tun, was ich kann. Ich kann mir helfen lassen mit Fahrdiensten, bekochen lassen etc....Trotzdem möchte ich so viel wie möglich selber erledigen, ich möchte unabhängig bleiben. Nur betüddeln ist nicht so mein Ding: Zieht es Dir? Willst Du eine Jacke? das größte Stück Kuchen? die letzte Sahne? Okay, das ist wohl normal, aber auch anstrengend. Ich will nicht merken, dass ich krank bin, das merke ich schon oft genug.

Gerade zum Beispiel warte ich drauf, dass die Medis wirken und ich schmerzfrei unter die Dusche hüpfen kann. Dann habe ich einen Massage-Termin. Hoffe, meine Klapper-Kondition schafft es hinterher noch kurz durch die Stadt, ich brauche ein paar Dinge.
Und dann habe ich vor, etwas zu malen, im sitzen auf Kissen sollte ich alte Frau das eigentlich hin kriegen, haha.

Sonntag, 5. September 2010

Ein fast normaler Sonntag...

Nach einer wieder schrecklich durchschwitzten Nacht habe ich heute noch bis halb neun auf dem trockenen Sofa weitergeschlafen. Dann gab es ein super-lecker-Thorsten-hat-frische-Brötchen-geholt-Sonntagsfrühstück. Ach, gestern Abend habe ich noch Mirabellen-Marmelade eingemacht, ist gut geworden.
Dann hatten wir heute das Ablenkungsprogramm " Mit wenigen neuen Dingen die Wohnung neu gestalten"....
Wir haben einen neuen Badezimmerschrank aufgehängt, was recht lange gedauert hat (schraubst Du noch, oder wohnst Du schon). Warum kann es nicht den All-for-One Dübel geben, der nicht entweder die halbe Wand rausreisst oder sich gar nicht erst auch nur einen mm bewegen will? Nun ja, hängt, noch ein wenig spachteln und malern, dann ist es super.
Dann hat unser Wohnzimmer nun eine Riesen-Pusteblume unter der Decke. Vielleicht kennt ihr die Ikea-Lampe mit den vielen Papierblüten. Ist ein Experiment und ich finde, es ist geglückt. Passt! Ausserdem hat sich unter die Lampe ein Kuhtrikot gebettet. Eine wundervolle braue Farbe. Den Labrador in der Farbe kann es nicht geben, warum aber kein Kuhfell....passt auch! Und ein paar Kissen und fertig.

Nun ist es halb fünf und wir haben seit dem Frühstück nix ordentliches hinter die Kiemen gekriegt. Thorsten holt das Käferchen aus der Garage und dann jagen wir wohl noch eine Pizza. Das Wetter ist so schön.

Ich bin den ganzen Tag recht ambivalent gestimmt, bin nervös, was soll ich tun, tue ich etwas sinnvolles, was verpasse ich gerade? Was will ich in naher Zukunft? Will ich meinen Geburtstag feiern? Ich will mit meiner Mutter mal nach Hamburg, sie war dort noch nie, dabei ist es eine so schöne Stadt. Vor Weihnachten, früher, wann habe ich die Zeit, die Kraft dafür?
Thorstens Schwester fährt in den Herbstferien wieder in das tolle Haus in Spanien, sie würde sich freuen, wenn ich hin käme. Fliegen? Wohl kaum Auto fahren. Aber ich habe keine Ahnung, wie es mir gehen wird, werde ich Schmerzen haben? Trübsal blasen? Ich werde nicht die arme, kranke Uli sein..nö, nö.nö. Und ich will im Winter ein paar Schnee-Tage, richtigen Schnee, eine warme Hütte, Spaziergänge. Ein Freund von Thorsten hat sich (ich glaube am Vogelsberg) eine kleine Datscha geleistet....vielleicht klappt das ja im Winter mal.

Morgen werde ich erst einmal zu meiner Schwester fahren, mich lecker bekochen lassen und dann ihren Kleiderschrank räubern, ich brauche ja noch was für meine Trauzeugenaufgabe übernächste Woche.

Tja, alles normal soweit. Life goes on.